Liebe BIB-Partnerinnen und Partner,

lieber BIB-Freundeskreis,

im letzten Newsletter des Jahres 2024 titelten wir: „Die Taxonomie kommt“. Heute wissen wir: Nein, weder Taxonomie noch CSRD kommen. Zumindest nicht für die Unternehmen, die ab 2025 CSRD berichtpflichtig geworden wären. Vorerst nicht. Vielleicht aber auch nie. So genau kann das Stand heute niemand sagen.

Warum? Weil die Richtlinie (EU) 2022/2464 – besser bekannt als CSRD – entgegen den allermeisten Erwartungen 2024 nicht in deutsches Recht ratifiziert wurde. Somit gibt es aktuell keine gültige Rechtsgrundlage für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichtspflichten, auf die sich Unternehmen seit Monaten intensiv vorbereiten. Und damit eben auch nicht für die Taxonomie, deren Anwenderkreis an das geltende Gesetz zur Nachhaltigkeitsberichtspflicht gekoppelt ist.

Damit nicht genug, ist auch nicht damit zu rechnen, dass eine Ratifizierung alsbald erfolgt. Im Gegenteil hat sich die Bundesregierung noch im Dezember in einem Brief an die EU-Kommission gewandt und gefordert, ein Moratorium für die Umsetzung einzuleiten. Außerdem soll die praktische Umsetzung der CSRD in Form des europäischen Berichtsstandards ESRS überarbeitet und die Schwellenwerte für betroffene Unternehmen angepasst werden. Noch-Kanzler Olaf Scholz bekräftige diese Forderungen in einem Brief vom 2. Januar 2025 an Ursula von der Leyen. Eine Umsetzung der CSRD in deutsches Recht – für die bereits ein Regierungsentwurf vorliegt – ist also in weite Ferne gerückt.

Große Auswirkungen auf die BIB und die BIB-Kunden

Bei der BIB sorgte diese Erkenntnis kurz vor Weihnachten für wenig besinnliche Stimmung. Denn die damit verbundenen Auswirkungen und vor allem die Unsicherheit betreffen sowohl die BIB direkt als auch eine Vielzahl der BIB-Kunden.

In den vergangenen Tagen haben wir alle verfügbaren Informationen gesammelt, ausgewertet und einer ausführlichen Einschätzung unterzogen. Stand heute kommen wir in Bezug auf die konkreten Auswirkungen auf folgende Ergebnisse:

1.) NFRD statt CSRD

Aktuell gelten für die Nachhaltigkeitsberichtspflicht nach wie vor die Anforderungen aus der Non Financial Reporting Directive (NFRD: Richtlinie (EU) 2014/95). In Deutschland sind diese über das sogenannte CSR-RUG, also das Richtlinienumsetzungsgesetz, im nationalen Recht verankert.

Für Unternehmen, die schon von der NFRD betroffen waren, ändert sich also gar nichts. Dazu zählen kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen. Diese müssen eine nicht-finanzielle Berichterstattung nach internationalen Standards erstellen und sind auch weiterhin verpflichtet, ihre Taxonomiequote bzw. die Green Asset Ratio (Banken) zu ermitteln.

Übrigens: Länder wie Frankreich, Italien, Schweden oder Finnland haben die CSRD längst in nationales Recht umgesetzt. Dass Deutschland jetzt ausschert, führt keinesfalls zu einem Vorteil für deutsche Unternehmen. Im Gegenteil: Da sich die deutsche Wirtschaft ohnehin minutiös auf die Umsetzung vorbereitet und die notwendigen Prozesse geschaffen hat, hätten Unternehmen von der internationalen Vergleichbarkeit nur profitieren können. Der aktuelle Stand führt dazu, dass zwar viel Geld und Zeit investiert wurde, der Nutzen eines europäischen Standards für deutsche Unternehmen nun aber verloren geht. Mit der Folge, dass Unternehmen in anderen Ländern schneller, effizienter und unter gleichen Wettbewerbsbedingungen die ohnehin notwendige Transformation meistern werden. Für die Gesundheits- und Sozialbranche sind solche internationalen Vergleiche weniger relevant – für die Gesamtwirtschaft hingegen schon.

2.) Keine Nachhaltigkeitsberichtspflicht für die BIB

Da die BIB nicht unter die NFRD fällt und erst durch die CSRD berichtspflichtig geworden wäre (Voraussetzungen hierfür siehe: Verweis auf Website-Inhalte: Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)) unterliegen wir aktuell keiner Nachhaltigkeitsberichtspflicht.

ABER: Wir beschäftigen uns seit Anfang 2024 intensiv mit den Anforderungen und der Umsetzung der Berichtspflicht. Im Fokus stand dabei die Anwendung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) inklusive der doppelten Wesentlichkeitsanalyse.

Als Bank mit nachhaltiger Ausrichtung befürworten und unterstützen wir den Ansatz, nachhaltiges Wirtschaften transparent und standardisiert offenzulegen. Darum werden wir uns bis zu einer finalen Klärung der rechtlichen Situation (und dann ggf. darüber hinaus) weiterhin freiwillig an den ESRS orientieren. Die Ergebnisse der doppelten  Wesentlichkeitsanalyse dienen uns bis auf Weiteres als Maßstab für künftige Maßnahmen und Ziele im Bereich der strategischen Nachhaltigkeit und der nachhaltigen Entwicklung der BIB.

3.) Keine Taxonomiepflicht

Die EU-Taxonomie muss im Gegensatz zur CSRD nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Sie gilt seit ihrem Inkrafttreten im Juli 2020 europaweit.

Was den Anwenderkreis der EU-Taxonomie betrifft, gibt es jedoch einen sogenannten dynamischen Rechtsverweis auf die jeweils geltende Nachhaltigkeitsberichterstattung. Das bedeutet, dass die Unternehmen taxonomiepflichtig sind, die nach NFRD oder CSRD berichtspflichtig sind. Ergo entfällt die Taxonomiepflicht für alle Unternehmen, die unter die CSRD gefallen wären. Auch für die BIB.

Anders als bei der CSRD werden wir die mit der Taxonomie verbundenen Themen aktuell nicht weiterverfolgen. Dies hat unterschiedliche Gründe. Die Ermittlung der Green Asset Ratio (GAR) wäre vor allem für unsere Kunden sowie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit der Kreditvergabe und der Kreditanalyse beschäftigt sind, eine enorme zeitliche Belastung gewesen.

Die Angaben zur Ermittlung einer Taxonomiekonformität, die bei unseren ebenfalls CSRD pflichtigen Kunden angefallen wäre, wären sehr umfang- und detailreich geworden und hätten auch auf Kundenseite zu erheblicher Mehrarbeit geführt.

Gleichzeitig wäre die Aussagekraft der GAR nicht so stark gewesen, dass sie eine Steuerungswirkung gehabt hätte. Denn aufgrund der hohen Anforderungen an die Taxonomiekonformität einer Wirtschaftsleistung (bei der BIB hauptsächlich Erwerb, Betrieb, Bau und Sanierung von Immobilien), wären wir von einer niedrigen und damit nicht aussagekräftigen GAR ausgegangen. 

4.) Rückwirkende Wirkung

Für den Fall, dass der Regierungsentwurf noch im Jahr 2025 verabschiedet wird, gelten CSRD und Taxonomie rückwirkend. Im Falle der Taxonomie würde das bedeuten, dass wir rückwirkend die Taxonomiekonformität im Kreditgeschäft ermitteln müssten.

Darüber hinaus müssten wir die Nachhaltigkeitsthemen, die sich aus der doppelten Wesentlichkeitsanalyse nach CSRD ergeben haben, erfassen und in 2026 berichten. Darauf sind wir inhaltlich und prozessual vorbereitet.

5.) Fazit und Prognose

Solange es keine rechtliche Klarheit gibt, werden wir uns weiterhin an den Inhalten der CSRD orientieren, die Taxonomie jedoch nicht weiter berücksichtigen. Diese Entscheidung fußt auf der Einschätzung, dass wir die Wahrscheinlichkeit, dass im Laufe des Jahres 2025 eine Umsetzung des Regierungsentwurfs in seiner jetzigen Form erfolgt, als gering einschätzen.

Als wahrscheinlicher erachten wir das Szenario, dass es zu einem Moratorium kommt bzw. dass die Schwellenwerte für eine Berichtspflicht so geändert werden, dass die BIB nicht länger unter diese fällt.

Darüber hinaus gehen wir davon aus, dass es auch inhaltliche Anpassungen an den Berichtsstandard geben wird. Denn unabhängig von der aktuellen gesetzlichen Lage hat die EU ein sogenanntes Omnibusverfahren angekündigt. Dabei sollen bestehende EU-Regularien überprüft, zusammengeführt und verschlankt werden, um den Bürokratieabbau voranzutreiben. Einen ersten Entwurf dazu gibt es bereits im Februar 2025. Wir schätzen, dass die Bundesregierung das Ergebnis dieses Prozesses abwarten und den Regierungsentwurf entsprechend anpassen wird. Im Gespräch für das Omnibusverfahren ist unter anderem eine Reduzierung der Datenpunkte im Rahmen der ESRS.

6.) Auswirkung auf die BIB-Kunden

Auch die BIB Kunden, die eigentlich ab diesem Jahr unter die CSRD gefallen wären, sind Stand heute nicht berichtspflichtig. Sie müssen also weder einen Nachhaltigkeitsbericht gemäß CSRD noch eine Taxonomiequote veröffentlichen. Bitte beachten Sie aber, dass dies rückwirkend noch der Fall sein kann, sollte es im Laufe des Jahres noch zu einer Ratifizierung kommen.

7.) ESG-Fragebögen und Risikobetrachtung

Für unsere institutionellen Kunden ist außerdem wichtig zu wissen, dass das sogenannte ESG-Risikoscoring NICHT von diesen Entwicklungen betroffen ist. Hier geht es um die Erfüllung von BaFin Auflagen, die weiterhin Gültigkeit haben. Die ESG-Fragebögen sind also nach wie vor relevant.

Das gesamte ESG-Thema ist auch weiterhin sehr relevant. Denn dabei ging es nie nur um die Erfüllung gesetzlicher Regularien, sondern um wirtschaftsstrategische Themen und Entwicklungen. Der Klimawandel, das Artensterben, eine zunehmende Umweltzerstörung sowie schlechte Unternehmenskulturen und Arbeitsbedingungen stellen tatsächliche, bereits vorhandene wirtschaftliche Risiken dar. Diese Risiken haben Einfluss auf die Geschäftsergebnisse von Unternehmen und künftig auch auf die Konditionen, zu denen es am Kapitalmarkt Geld gibt.

Bitte beachten Sie, dass es sich bei diesen Inhalten um Prognosen handelt, für die wir keine Haftung übernehmen. Wir beobachten die Entwicklungen kontinuierlich und passen unser Handeln an die aktuellen Gegebenheiten an. Über unseren Kenntnisstand werden wir Sie weiterhin aktuell auf dem Laufenden halten.