Wald von heute und morgen

Auf den Spuren der Geschichte des Nationalparks Eifel

- Ein Erfahrungsbericht von Tien Nguyen (GLS), Florian Roth (GLS), Robin Nelson (Bank für Sozialwirtschaft), Thomas Weisskopf (Pax-Bank) und Adrian Meisner (BIB) -

Im Rahmen des Traineeprogramms der Spezialbanken haben wir uns auf die historischen Spuren des Nationalparks Eifel begeben. Die Tour mit dem Waldführer hat uns bewusst gemacht, dass wir Menschen seit Jahrhunderten – oft mit zerstörerischen Folgen – in die Natur eingreifen. Ob Waldrodungen für die Köhlereien oder die Ausrottung von Tierarten als Nahrungsmittel. Gleichzeitig sieht man am Nationalpark Eifel, dass die Natur sich erholen kann – auch mit unserer Hilfe. Und deshalb sollten wir als ethische Banken uns auch über den Klimaschutz hinaus für unsere Umwelt einsetzen. Wir haben es in der Hand.

Heiter bis wolkig begrüßt uns der Nationalpark Eifel auf unserer Trainee-Wandertour durch die wechselhafte Geschichte des Buchenwaldes. Der Nationalpark erstreckt sich dabei auf ein Naturschutzgebiet von rund 110 km² und bietet Wildkatzen, Rothirschen, Uhus und anderen Wildtieren einen Lebensraum.

Erst 2004 wurde das Naturschutzgebiet, das sowohl an Belgien als auch an den Rurstausee angrenzt, zum Nationalpark erklärt. Die Geschichte des Buchenwaldes reicht naturgemäß wesentlich weiter zurück, wobei der Wald viele Veränderungen durch den Menschen erfahren musste.

Denn zunächst wurde der Wald insbesondere für die Gewinnung von Holzkohle genutzt, wodurch weite Teile der Eifel zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch waldfrei waren. Diese Spuren sind auf unserer knapp 12 km langen Route, beginnend von dem kleinen Ort Einruhr, nicht zu übersehen. Ein kleines Plateau am Hang zeugt von einem alten Köhlerplatz, auf dem Holzkohle zum Heizen hergestellt wurde, wie uns Walter, ein Waldführer des Nationalpark Eifel, erklärt. Einige hundert von diesen durch Menschenhand erstellten Plateaus lassen sich im ganzen Nationalpark finden. Des Weiteren sehen wir etliche Bereiche im Wald mit fein säuberlich arrangierten Fichtenmonokulturen, die vorrangig aufgrund ihres schnellen Wachstums in der Vergangenheit gepflanzt worden sind, um den großen Ressourcenbedarf bedienen zu können. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt die negativen Folgen von Monokulturen für den Wald, wie den massiven Borkenkäferbefall, die höhere Summe an Sturmschäden und einer reduzierten Artenvielfalt.

Walter führt uns einen kleinen Berg hinauf, wodurch wir einen schönen Blick ins Tal und auf die Rur genießen können. Einige Fichten, die bereits dem Borkenkäfer zum Verhängnis geworden sind, säumen unseren Weg, aber auch Buchen, Eichen und einige für diese Region exotische Bäume wie Lärchen und vereinzelte Roteichen aus Amerika.

 „Welche Bäume in Zukunft in Anbetracht des Klimawandels gepflanzt werden sollten, ist ein aktuell stark diskutiertes Thema“, erklärt uns Walter. Die Douglasie aus Nordamerika scheint aufgrund ihrer robusten Eigenschaften ein vielsprechender Kandidat für viele forstwirtschaftlich genutzte Wälder zu sein. Für den Nationalpark Eifel ist dies allerdings nicht der Fall, da der Wald nicht forstwirtschaftlich genutzt wird und man ihn soweit wie möglich sich selbst überlassen möchte. „Mit dem allmählichen natürlichen Abstreben der Fichten wird zunehmend mehr Raum für endemische Arten frei werden, die dann sukzessive das Gebiet wieder dominieren sollen“, erklärt uns Walter. „Das Ziel ist es, wieder einen natürlichen Mischwald zu erzeugen, der alle Altersklassen von Bäumen abdeckt.“

Weiter auf der Route können wir auf die Dreiborner Hochfläche blicken, die Teil des Nationalparks ist. Ein ehemaliger Truppenübungsplatz bei Vogelsang, der noch bis Ende 2005 vom belgischen Militär genutzt wurde. Heute ist es der Lebensraum von hunderten Rothirschen, die gut mit dem Fernglas beobachtet werden können. Das Militär ist allerdings noch nicht gänzlich aus der Region verschwunden. Denn auf unserer Route konnten wir Geräusche von dem auf belgischer Seite befindlichen Truppenübungsplatz vernehmen, der weiterhin aktiv genutzt wird.

Südlich von der Dreiborner Hochfläche erkennen wir zudem deutlich, wo der Nationalpark endet. Entlang seiner Grenze sind nämlich etliche Windkraftanlagen errichtet worden, die das Territorium des Nationalparks klar abstecken. „Klar, da stören die Windkraftanlagen keine Menschen“, scherzt einer der Trainees.

Entlang unserer Route sehen wir noch etliche Pilzarten wie Parasole, Pfifferlinge sowie Fliegenpilze und vermodernde Bäume bedeckt mit Zunderpilzen, die, wie der Name schon sagt, früher als Zundermittel zum Feuer machen verwendet wurden. Vereinzelt sehen wir auch Birken. „Für Förster das Unkraut des Waldes“, wie uns Walter mit einem kleinen Schmunzeln erzählt. Denn das Holz der Birke ist nicht wirklich gut zur weiteren Verarbeitung geeignet.

Der Nationalpark Eifel ist jedoch nicht nur ein Ort zur Erholung, sondern diente auch der Forschung. Forscher*innen nutzten seit den 70er Jahren eingezäunte Naturparzellen im Schutzgebiet, um die Entwicklung des Waldes unter kompletten Ausschluss von jeglichen menschlichen und tierischen Einflüssen zu untersuchen. Einige Schilder auf unserem Weg weisen auf die ehemaligen Forschungsflächen hin.

Große tierische Überraschungen, wie den seltenen und sehr scheuen Schwarzstorch, der im Nationalparkeifel gesichtet worden ist, hatten wir auf unserer Tour leider nicht. Allerdings sind es ja bekanntlich die kleinen Dinge des Lebens, wie der schwarze Moderkäfer, die einen ins Staunen versetzen können. Denn der kleine Moderkäfer stellt bei Gefahr sein Hinterleib auf und sieht dabei aus wie ein Skorpion. Die Mimikry hat bei uns ihre volle furchteinflößende Wirkung gezeigt und wir ziehen bedächtig weiter auf unserem Weg zurück nach Einruhr.

Die Beziehung zwischen dem Wald und dem Menschen hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Dies konnten wir auf unserer Wanderroute durch den Nationalparkeifel deutlich erfahren. Zunächst zu rein wirtschaftlichen (lebensnotwendigen) Zwecken fast kahl geschlagen, im zweiten Weltkrieg Schauplatz der schrecklichen Schlacht im nahegelegenen Hürtgenwald und heute ein Schutz- und Erholungsraum für Mensch und Tier, hat der Wald etliche Zyklen durchlebt.

Was konnten wir als Gruppe daraus lernen? Die Ökosphäre Wald ist stark geprägt durch den Menschen. Ob Einschlagkrater aus dem 2. Weltkrieg, Fichtenmonokulturen, Köhlerplätze, Windräder in der Ferne oder das alte Forsthaus mit Streuobstwiese. Wir Menschen prägen die Natur wie kein anderes Lebewesen. Keine menschliche Aktivität bleibt dabei ohne Reaktion seitens der Natur. Alles ist miteinander verbunden. Bäume werden gerodet, Rehe gejagt, die Rehe verschwinden und der Wolf sucht sich in der Zivilisation des Menschen einen neuen Lebensraum, um selbst überleben zu können. Reißt Schafe und fällt somit in die Missgunst des Menschen, der wiederum von seinem Vieh zur damaligen Zeit existenziell abhängig war. Es ist folglich nicht verwunderlich, dass die Mythen über den unheimlichen Wald und den bösen Wolf bis heute die Grundlage für viele Märchen darstellt.

Und heute? Kehrt der Wolf in einige Regionen langsam zurück, wie auch in den Nationalpark Eifel. Der Wald erholt sich und dient dem Menschen vorzugsweise als Erholungsort. Doch er braucht wesentlich mehr Zeit zur Regeneration und wächst in zeitlichen Dimensionen, welche die Lebensspanne des Menschen bei weitem übersteigen. Dies sollten wir in all unseren wirtschaftlichen Aktivitäten berücksichtigen und der Natur die Zeit geben, die sie benötigt, um sich erholen zu können. Die wirtschaftlichen Aktivitäten zu drosseln und der Geschwindigkeit der Natur und ihrer Resilienz anzupassen, sollte dabei eine Maßgabe sein.